Bericht über die 2. Internationale Automobilarbeiterkonferenz und anschließende Urlaubsreise in Südafrika

Der Vorstand der Freunde der IAC Sindelfingen schreibt an Vereinsmitglieder und Freunde: Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde der IAC Sindelfingen, da wir wegen der Corona-Krise unser geplantes Treffen am 23. März nicht durchführen konnten, wollen wir euch einen kurzen Bericht über die 2. Internationale Automobilarbeiterkonferenz und unsere anschließende Urlaubsreise in Südafrika geben. Selbstverständlich holen wir die öffentliche Veranstaltung, die wir eigentlich für den 24. April geplant hatten, nach, sobald das wieder möglich ist.

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Die Konferenz war ein tolles Erlebnis und ein wichtiger Erfolg. Der größte Erfolg war sicher, dass wir jetzt ein gemeinsames internationales Kampfprogramm haben. Auch viele von unseren Anträgen sind mit eingeflossen. Das Kampfprogramm wird gerade in den drei Hauptsprachen (deutsch, englisch und spanisch) redaktionell schlussbearbeitet und wird sicher in den nächsten Tagen auf der Homepage der IAC veröffentlicht. Außerdem wurde eine starke neue ICOG (Internationale Koordinierungsgruppe) gewählt, in der wichtige neue Länder und Organisationen vertreten sind (z.B. Indien, Philippinen). Auch Tobias wurde in die ICOG gewählt. Auf der Homepage findet ihr (in der englischen Version) eine Reihe von Videos, die einen Eindruck von der Konferenz geben.

Diesen Erfolg haben wir uns erkämpft. Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus Südafrika, gegen den dortigen Staatsapparat und trotz des kurzfristigen Rückzugs der NUMSA-Führung. Mit vielen Brigadisten aus Deutschland, den Niederlanden und Südafrika, die ihren Jahresurlaub für die Vorbereitung der Konferenz zur Verfügung gestellt haben und auch vieles selbst finanziert haben. Die Konferenz wurde insgesamt wesentlich teurer als geplant, konnte dennoch soweit erst mal gestemmt werden, dank der vielen Spenden von Kolleg*innen und begeisternden Spendengalas. Wichtig waren auch die intensiven Diskussionen vor allem mit anarchistischen und trotzkistischen Kräften aus der spanischen und der französischen Delegation, die ein Problem damit hatten, dass sich das Kampfprogramm gegen „jegliche antikommunistische Stimmungsmache“ richtet. Doch genau dieser Antikommunismus (in seiner ganzen Breite) verbaut doch den Arbeitern die Perspektive einer gesellschaftlichen Alternative und muss deshalb bewusst überwunden werden. Zum Erfolg gehört auch, dass 60 Prozent der Delegierten sich für eine Mitarbeit in der internationalen Einheitsfront gegen Imperialismus und Krieg ausgesprochen haben. Weil das keine ausreichende Mehrheit war (nach Satzung sind 80% Zustimmung für wesentliche Entscheidungen notwendig!) , wurde beschlossen, dass das in den einzelnen Ländern erst mal weiter diskutiert wird._DSC2692.jpg

Begeistert haben uns die südafrikanischen Kolleginnen und Kollegen mit ihrem großen Einsatz, ihrer mitreißenden Demonstrationskultur und ihrem Kampf- und Lebensmut. Die persönlichen Verbindungen waren leider durch die Sicherheitslage in Südafrika sehr eingeschränkt, aber viele von uns haben bei Einsätzen in den Townships, vor Betrieben und bei unseren Festen mit vielen Menschen sprechen können. Besonders verbunden waren wir mit dem Kampf der Belegschaft bei SCAW-METALS. Wir haben sie regelmäßig besucht und sie waren mit einer sehr kämpferischen Delegation auf unserer Demonstration. Für uns war eine wichtige Auseinandersetzung, dabei jederzeit die gegenseitige praktische Solidarität zu organisieren. Wir haben nach einer selbstkritischen Diskussion über eine Spendensammlung für die IAC vor dem Tor, die Streikenden mit Wasser Gallonen unterstützt und so die gegenseitige Unterstützung organisiert. Viele von ihnen haben für die Konferenz gespendet.

Das Konzernforum Daimler-Renault-Nissan, das wir ja aus Stuttgart und Sindelfingen vorbereitet haben, war spannend und erfolgreich. Es gab viele lebendige Berichte aus mindestens zehn Werken und wichtige Auseinandersetzungen. Besonders beeindruckend war der Beitrag eines älteren südafrikanischen Kollegen über die Auseinandersetzungen bei Daimler East London in der Zeit der Apartheid. Die Kerndiskussion war, dass wir von gegenseitigen Solidaritätserklärungen hin zu einer wirklichen Koordinierung kommen müssen. Dafür müssen wir vor allem eine Tendenz überwinden, die internationale Arbeit zu verdrängen, wenn im eigenen Land viel los ist. Dafür haben wir eine stärkere Sprechergruppe gewählt. Die philippinische Delegation hat angeboten uns zu helfen, Kontakt zu den Daimler/Renault/Nissan-Belegschaften Bericht über die 2. Internationale Automobilarbeiterkonferenz und unsere anschließende Urlaubsreise in Südafrikain Asien aufzunehmen. Es gab den Vorschlag, das Konzernforum aufzuteilen (Renault/Nissan auszugliedern). Wir haben aber entschieden, dass das ein falsches Signal wäre. In einer Situation, in der die Kündigung der gemeinsamen Produktion bei Renault und Nissan zu Arbeitsplatzvernichtung führt, sehen wir uns verpflichtet, ihren Kampf zu unterstützen.
Anke wurde als Sprecherin des Daimler/Renault/Nissan-Forums wieder gewählt und wir müssen als Trägergruppe sicher auch beraten, wie wir diese Arbeit in Zukunft ständig mit tragen und helfen, sie zu finanzieren. Auch Volker aus Stuttgart wurde in die Konzernsprechergruppe gewählt und Stuttgarter haben beschlossen, eine eigene aktive Trägergruppe aufzubauen. Gratulation, das ist eine wichtige und richtige Entscheidung.

Die an die Konferenz anschließende Urlaubsreise für einige von uns war sehr erlebnisreich und hat uns noch mehr einen Einblick in das Land und die Geschichte gegeben: Der Kampf gegen Kolonialismus und gegen Apartheid und wie sich das bis heute auswirkt. Die elenden Lebensverhältnisse in den Townships neben dem extremsten Reichtum war bedrückend, aber wir haben viele mutige Menschen kennen gelernt, die den Kampf um die Befreiung der südafrikanischen Arbeiterklasse führen.

Für uns waren die beeindruckendsten Stationen:
• Hector-Pieterson-Memorial und Museum – 1976 wurde in Soweto von Polizisten des Apartheid Regimes bei Protesten auf Studenten geschossen – der 12-jährige Hector Pieterson war einer der ersten Opfer. Das Bild, wie er tot von einem Studenten getragen wurde ging rund um die Welt und zeigte die Brutalität der Regierung war aber gleichzeitig Initialzündung für internationale Empörung und Solidarität.
• Apartheid-Museum, dass sehr gut Bericht über die 2. Internationale Automobilarbeiterkonferenz und unsere anschließende Urlaubsreise in Südafrika die Unterdrückung und den Kampf gegen das Apartheid-Regime darstellt und dabei auch die Auseinandersetzungen innerhalb der Anti-Apartheids-Bewegung und die Kraft der internationalen Solidarität deutlich macht.
• Sharpeville Museum zum Massaker am 21.3.1960: 69 Tote, 180 Verwundete! (seit 1960 Gedenktag der UN gegen Rassismus)
• Steve Biko Centre bei East London (gutes Video: you tube „Steve Biko“ von Peter Gabriel)
• East London (s. Bericht auf Homepage).

Am Ende waren wir sehr glücklich, dass wir diese Konferenz auch noch vor der großen Corona-Krise so erfolgreich durchführen konnten und dass alle wieder gesund nach Hause kamen. Die ersten Probleme mit den Flugverbindungen waren da untergeordnet. In der aktuellen Krise zeigen sich bereits erste positive Ergebnisse im Zusammenhang der 2.IAC: Zum Beispiel konnten Streiks in Italien und Spanien zu sofortigen Produktionseinstellungen über die IAC verbreitet werden und Berichte aus Indien über die Maßnahmen der rechten Modi Regierung erreichten uns.

Herzliche Grüße und bleibt gesund!
Euer Vorstand
PS: Wir freuen uns über Erfahrungsberichte von Euch! 2.IAC und Corona und …. immer mal wieder reinschauen bei: www.automotiveworkers.org

 

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