Internationaler Infobrief GM-Stellantis Nr. 25 – Oktober 2024
Von der Konzernkoordinierung Stellantis/GM in der IAC: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dringend die weltweite Arbeitereinheit stärken und koordiniert kämpfen angesichts einer neuen Welle von Angriffen und angesichts der Rechtsentwicklung weltweit! Wir begrüßen den aktuellen Aufschwung der internationalen Arbeitersolidarität! Am 17. Oktober kamen zum Aktionstag der französischen Automobilarbeiter in Paris Delegationen aus Belgien, Deutschland, Italien, Kanada, Portugal, Spanien, der Türkei und den USA. Wir waren mit einer Delegation der IAC dabei! Es war eine große Verbrüderung mit dem gemeinsamen Singen der „Internationale“! Am Tag darauf erlebte Italien einen 24-Stunden-Streik in der Autoindustrie und eine Demonstration in Rom von 20.000 Automobilarbeitern, ihren Familien und Freunden und auch hier vielen internationalen Delegationen. Diesen internationalistischen Geist müssen wir nutzen für die immer bessere reale Koordinierung unserer Kämpfe!
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Kein Kampf darf alleine stehen!
Wir erleben in vielen Ländern und in verschiedenen Konzernen eine neue Qualität der Angriffe auf die Automobilarbeiter und ihre Familien. Volkswagen, lange Zeit der Muster-Konzern der Klassenzusammenarbeit ausgehend von Deutschland, kündigt zum ersten Mal überhaupt die Schließung von Werken in Deutschland an. Ein Abkommen, das direkte Kündigungen ausschloss, haben sie bereits aufgekündigt. Die Belegschaft des Audi-Werks in Brüssel / Belgien kämpft gerade gegen die Schließung. Ebenso das Ford-Werk in Saarlouis / Deutschland. Auch mehrere Automobil-Zulieferkonzerne wie besonders M.A. France, ZF, Continental und Bosch wollen zehntausende Arbeitsplätze vernichten. Hintergrund ist der Konkurrenzkampf internationaler Konzerne, eine regelrechte gegenseitige Vernichtungsschlacht im Kampf um Absatzmärkte, Rohstoffe und Machtpositionen. Diese Entwicklung hat sich durch die Strukturkrise vertieft bei der Umstellung auf Elektro-Antriebe, die mit der Vertiefung der Weltwirtschafts- und Finanzkrise zusammenfällt. Dabei konnte China seine Auto-Exporte 2023 auf Kosten der Konkurrenten aus Europa und USA sprunghaft steigern und seinen Marktanteil verdoppeln. In Europa sanken die Verkäufe von Stellantis dieses Jahr um 3,3 Prozent, während die von SAIC (China) um 16,4 Prozent stiegen. Das alles macht die Autokonzerne besonders aggressiv.
Offensichtlich hat eine neue Welle von Angriffen auf die Arbeiterklasse begonnen. Und genau dafür brauchen die Chefs der Konzerne die verstärkte Rechtsentwicklung in der Politik, die Förderung von faschistischen Kräften in vielen Ländern. Diese Kräfte verbreiten falsche Feindbilder unter den Arbeitern. Sie machen für alle Probleme der Welt die Migranten verantwortlich und spalten so die Arbeiterklasse, während sie keinerlei Kritik an den Kapitalisten üben.
Die Konzernspitze von Stellantis um Carlos Tavares hat bereits 30.000 Arbeitsplätze im Jahr 2023 weltweit gestrichen. Jetzt geht es auch hier um Werksschließungen. Die öffentlich genannte Zahl von sieben Werken, die geschlossen werden könnten, ist sicher nicht der ganze Umfang. In USA, Italien, Deutschland und Frankreich stehen eine ganze Reihe von Werken in Frage. Ist Arbeitsplatzvernichtung etwa ein Naturgesetz, das wir wehrlos hinnehmen müssen? Ist es eine friedliche „Transformation“, die wir „mitgestalten“ können? Oder müssen wir nicht vielmehr international gemeinsam für eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, für den 6-Stundentag kämpfen?
In der Strukturkrise herrscht ein Hauen und Stechen mit Strafzöllen und Dumpingpreisen, was aber kein Problem löst. Der Kapitalismus bekommt selbst so eine kleine Umstellung wie die von Verbrenner-Motoren auf Elektromotoren nicht ohne Krise hin. Dabei bleibt das ganze chaotische und uneffektive Verkehrssystem des Kapitalismus ansonsten unangetastet. Sie verlagern immer mehr Zulieferteile auf die Autobahnen für ein paar Euro oder Dollar mehr Profit. Um das Verkehrswesen effektiv und umweltfreundlich zu gestalten muss der Kapitalismus abgelöst werden. Wir brauchen ein System, wo der Arbeiter bestimmt und wo die Wirtschaft und das Leben im Einklang mit der Natur stehen.
Stellantis ist besonders von der Strukturkrise und zugleich von der Weltwirtschafts- und Finanzkrise betroffen. Sie sind schwach auf dem chinesischen Markt und haben die Entwicklung von Elektro- und Wasserstoff-Antrieben aus Profitgründen vernachlässigt. Der Marktanteil von Stellantis in Europa ist in den ersten acht Monaten dieses Jahres von 17,1 Prozent auf 16,2 Prozent gesunken. Jetzt sollen wieder wir Arbeiter die Zeche zahlen:
* In Italien wollen sie bei Fiat 2.500 Arbeitsplätze abbauen, die meisten in Turin, wo die Produktion bereits für einen Monat angehalten wird. Insgesamt wurden seit der Fusion mit PSA bereits 8.000 Stellen bei Fiat gestrichen.
* In den USA stehen mindestens 2.450 Jobs auf der Abschussliste, vor allem im LKW-Werk Warren / Michigan.
* In Frankreich wurden letztes Jahr bereits 3.600 Jobs vernichtet, dieses Jahr der Zulieferer M.A. France geschlossen und viele Leiharbeiter abgemeldet, allein in Mulhouse 600.
* In Deutschland hat Opel Zulieferern wie Lear und Reichardt in Eisenach die Aufträge gestrichen.
* Schichten in verschiedenen Werken in Italien, Polen oder Deutschland werden gestrichen, Leiharbeiter entlassen.
* Zugesagte Investitionen in E-Mobilität werden einfach gestrichen oder auf unbestimmte Zeit verschoben wie die Batteriewerke in Kaiserslautern (Deutschland), Termoli (Italien) oder Belvidere (USA). Völlig zu Recht hat jetzt die Automobilarbeitergewerkschaft UAW in den USA Streiks gegen Stellantis angekündigt. Bereiten wir den konzernweiten, international gemeinsamen Kampf bei Stellantis vor!
Bereits im April verkündete General Motors die Schließung des Werkes Colmotores in Bogota / Kolumbien sowie auch des Werkes in Ecuador. Für die 800 Beschäftigten in Bogota beantragte GM die sofortige Entlassung, das OBB-Werk in Ecuador sollte dann Ende August schließen. Es geht in beiden Fällen um Maximalprofit, der auf anderen Wegen besser erzielt werden kann. Für die Arbeiter interessiert sich GM nicht im Geringsten, wie der 13 Jahre andauernde Kampf der verletzten und entlassenen Arbeiter von Colmotores zeigt, die sich in der Gewerkschaft ASOTRECOL zusammen geschlossen haben. Nach fast 13 Jahren Bemühungen, die besonders von unserem Kollegen Frank Hammer und einigen Mitstreitern verfolgt wurden, hat sich die Führung der UAW in den USA entschlossen, sich gegenüber der GM-Präsidentin Mary Barra für die Arbeiter in Bogota einzusetzen, was ein großer Erfolg ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor wichtigen Entscheidungen:
1. Gehen wir den Weg des gemeinsamen Kampfs für Arbeitsplätze, auch für die Festeinstellung der Leiharbeiter! Wenn weniger Arbeit da ist, arbeiten wir eben nur sechs Stunden am Tag oder 30 Stunden in der Woche bei vollem Lohnausgleich! Lassen wir uns nicht in eine neue Runde von Verzichtsverträgen, Flexibilisierung und Erpressung treiben! Die Bochumer Belegschaft hat den Weg des Kampfes gewählt, deshalb kennt heute jeder Opel Bochum. Am 5. Oktober war in Bochum die Feier zum 20. Jahrestag des Streiks von 2004 und zum Kampf, der für 10 Jahre das Werk erhalten hat. Etwa 1000 ehemalige Arbeiter, Kollegen aus anderen Werken, die Familien und Freunde der Automobilarbeiter kamen zusammen und nahmen die Lehre des offensiven Kampfs mit.
2. Manche Kollegen folgen den Versprechungen und Legenden reaktionärer oder faschistischer Parteien: „Die Migranten sind angeblich an allem schuld!“ Darüber müssen wir mit den Kollegen diskutieren. Von den Faschisten hört man nie ein böses Wort gegen die Kapitalisten. Weil es Kapitalisten-Knechte sind, die Arbeiterrechte abschaffen und Gewerkschaften unterdrücken würden, wenn sie an die Macht kämen. Nicht nur bei Wahlen, sondern jeden Tag bei der Arbeit steht die Entscheidung: Lassen wir uns spalten in unterschiedliche Nationalitäten, Festangestellte und Leiharbeiter, in Standorte und Länder oder kämpfen wir immer besser zusammen?
Ergreifen wir überall in dieser Situation die Initiative um die internationale Automobilarbeiterkoordinierung noch bekannter und noch effektiver zu machen! Überzeugen wir Kollegen für die aktive Mitarbeit, für Delegationen zur 3. Internationalen Automobilarbeiterkonferenz in Pune / Indien vom 20. bis 24. November 2025! Informiert uns über eure Diskussionen, Kämpfe und Pläne! Schickt Berichte an die Homepage der IAC unter icog@iawc.info !
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