Mercedes-Benz Düsseldorf: Angriffe auf Leiharbeiter - Protesterklärung
10. April 2024: Protesterklärung und Information an die Presse und Öffentlichkeit von„Automobilarbeiter & Friends Düsseldorf“ Unterstützergruppe der internationalen Automobilarbeiterkonferenz : Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten Sie über einen Vorgang beim größten Düsseldorfer Industriebetrieb informieren – dem Mercedes-Benz Sprinter-Werk.
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Dort sind unter den insgesamt rund 7.000 Beschäftigten etwa 1.200 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter verschiedener Leiharbeitsfirmen. Die Situation dieser Kollegen ist äußerst prekär: Entgegen der eigentlich in Deutschland gesetzlich verankerten 18 Monate „Höchstüberlassungsdauer“ sind sie teilweise über 5-6 Jahre als Leiharbeiter beschäftigt, ein großer Teil seit Mitte 2017. Aus Angst schleppen sie sich oft krank zur Arbeit, über Jahre hoffen sie irgendwann zu den „Auserwählten“ zu gehören und ein Angebot direkt von Mercedes-Benz zu bekommen, wie es ihnen zusteht. Sie sind auch von verschiedenen tariflichen und betrieblichen Leistungen ausgenommen. Kurzum: Sie sind jetzt schon Beschäftigte zweiter Klasse!
Nach Jahren der Plackerei dankt ihnen das jetzt Mercedes-Benz damit, die Dauernachtschicht ab Ende September 2024 abzumelden, was in der Konsequenz bedeutet fast alle Leiharbeiter auf die Straße zu setzen. Natürlich wird das begleitet von einer Krisenpropaganda von rückläufigen Bestellungen aber auch von einer „Jagd auf Kranke“ um sie aus dem Beschäftigungsverhältnis raus zu drängen (denn auch Leiharbeitsfirmen haben Übernahmefristen). Wir sagen, dass ist nur ein Vorwand, die Übernahmefristen zu umgehen.
In den letzten sieben Jahren ging der Turnus immer wieder von Neuem los, wenn die Leiharbeiter drei Monate draußen waren. Das ist ein unwürdiges Geschacher auf kosten der Arbeiter und Familien!
Wir wissen, dass es nicht nur bei der Leiharbeitsfirma OfficePeople so hergeht, aber hier eine Kostprobe. Etliche Kollegen berichten uns, dass sie von OfficePeople angeschrieben wurden:
„Leider haben wir feststellen müssen, dass Sie sich in den letzten Wochen und Monaten auffällig oft krankgemeldet haben. Sollte dieser Umstand sich für die Zukunft nicht bessern, würden wir Sie zu einem persönlichen Gespräch in die Niederlassung Düsseldorf einladen, um die Umstände zu diskutieren.“
„Auffällig oft“ begann bereits bei einer einzigen Krankmeldung in den letzten 12 Monaten. Den Mitarbeitern wird unausgesprochen unterstellt, dass sie gar nicht richtig krank seien – und zugleich Druck aufgebaut, dass man besser auch krank zur Arbeit gehen sollte, da sonst der Arbeitsplatz gefährdet ist. Damit wird die gesetzliche Lohnfortzahlung im Krankheitsfall defacto ausgehebelt. Bei einzelnen Kollegen war dieser Brief mit einem Telefonat verbunden, in dem durch OfficePeople ganz offen mit Kündigung gedroht wurde.
Gründe für Krankheiten gibt es leider genug: Da ist die körperlich anstrengende Arbeit am Fließband der Transporterproduktion. Hinzu kommen gesundheitsschädliche Stoffe und nichteingehaltene Grenzwerte. Und dazu kommt die latente und offene Drohung den Arbeitsplatz zu verlieren. Das sorgt unter den betroffenen Kollegen für eine regelrechte Existenzangst. Es ist nicht Aufgabe der Gewerkschaften so ein Unrecht zu begleiten, sondern es zu bekämpfen, deshalb bringen wir das ans Licht!
Wir lehnen diesen Druck auf Schärfste ab und fordern die offizielle Rücknahme dieser Briefe und eine Entschuldigung durch OfficePeople bei den Betroffenen! Wir stellen diese Forderung auch an die Geschäftsleitung von Mercedes-Benz in Düsseldorf, die letztlich von dieser Form der Leiharbeit profitiert, während sie sich gleichzeitig in der Öffentlichkeit als „Premium-Arbeitgeber“ darstellt und alleine für 2023 im Transporterbereich („Vans“) den Gewinn auf 3,1 Mrd € steigerte (+59%).
Wir fordern die feste Übernahme der Kolleginnen und Kollegen nach 18 Monaten bei Mercedes und die Wiedereinführung einer maximalen Quote von 8% Anteil Leiharbeit an der Gesamtbelegschaft bei Mercedes-Benz als Konzernvereinbarung.
Wir behalten es uns vor, diese Protesterklärung auch mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion an OfficePeople zu übergeben.
Für Rückfragen unter der Emailadresse iacduesseldorf@gmx.de vermitteln wir ihnen schnell und umgehend gerne vertrauensvoll kompetente Kolleginnen und Kollegen auch fürInterviews.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Straif
Automobilarbeiter & Friends, Düsseldorf
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