Infobrief Konzernzusammenarbeit Ford Februar 2020
Das „IAC-Komitee“ in Köln, in dem Ford-Arbeiterinnen und -Arbeiter und ihre Freunde für die 2. IAC im Betrieb und in der Öffentlichkeit werben, hat noch weitere Teilnehmer für die 2. IAC gewonnen, so dass aktuell acht Leute aus Köln und aus Nachbarorten nach Südafrika reisen werden, nicht nur Kolleginnen und Kollegen von Ford. Im Endspurt wird bei Ford nochmal breit auf die 2. IAC aufmerksam gemacht mit einer Spendensammlung.Ziel der letzten Wochen vor der Konferenz ist es, dass möglichst viel Ford-Kollegen im Kopf haben, dass Ende Februar die Konferenz stattfindet und neugierig auf die Ergebnisse sind. Am Konferenzwochenende wird in Köln zu einem Treffen eingeladen, bei dem life der Konferenzabschluss miterlebt werden kann.
Was hat sich seit dem letzten Infobrief vom Oktober 2019 getan?
Zu Ford Deutschland gehören die Werke in Köln und in Saarlouis. Die Ford-Geschäftsführung hatte angekündigt, in Deutschland bis Ende 2019 5.400 von bisher 24.000 Stellen zu vernichten. Daraufhin fanden kämpferische Betriebsversammlungen statt und es brodelt in den Belegschaften. Um Ruhe zu halten werden bestimmte Zugeständnisse angeboten, andererseits mit massivem Druck vorgegangen (angeblich freiwillige Versetzungangebote, dann Zwangsversetzungen, auch mit dem Ziel, dass die Kollegen die Abfindung nehmen und gehen, Stimmungsmache gegen die, die Verstzungsangebote nicht annehmen wollen).
Dieses Vorgehen führte dazu, dass sich sehr viele Abfindungsangebote machen ließen, sich das Denken hauptsächlich um die eigene individuelle Situation drehte. Von Mobbing betroffenen reagierten meist erst einmal so, dass sie sich zurückzogen. Durch das Beispiel einer Kollegin, die gegen ihre Zwangsversetzung gerichtlich und mit Unterstützung eines Solikreises vorging, der ihren Fall breit im Betrieb und in der Öffentlichkeit bekannt machte, kamen dann einige aus ihrer Defensive heraus. Andere waren ermutigt, sich zusammen zu tun, um gemeinsam gegen mobbende Vorgesetzte vorzugehen, was in einem Fall dazu führte, dass das Management einen Meister absetzen musste. Das war eine wichtige Erfahrung, dass man gemeinsam doch etwas durchsetzen kann und verbreitete sich schnell über die Abteilung hinaus.
Von Anfang an gab es eine ganze Reihe Kollegen, die die Arbeitsplatzvernichtung offen in Frage stellten und öffentlich forderten, dass sie umweltfreundlicher elektrisch angetriebene Fahrzeuge bauen wollen. Viele Kollegen erkannten auch, dass sie mit der angebotenen Abfindung nicht weit kommen, dass sie auf ihren Arbeitsplatz nicht verzichten können. Deshalb konnte Ford das für 2019 gesteckte Ziel nicht erreichen.
Auf der Betriebsvesammlung im Dezember schwenkte die Geschäftsführung um und gab bekannt, dass das Ziel bis Ende 2019 zwar nicht erreicht werde, insgesamt der bisherige Arbeitsplatzabbau ein Erfolg sei, mit dem Ford gegenüber anderen Konzernen in Deutschland jetzt einen Vorsprung hätte. Der Arbeitsplatzabbau werde aber wie angekündigt weiter gehen.
Für 2020 hat Ford Kurzarbeit in der Fahrzeugfertigung geplant. Es sollen nur noch 4 Tage die Woche gearbeitet werden (das ist faktisch eine 28-Stundenwoche), für den 5. Tag gibt es Kurzarbeitergeld, das der Staat zahlt. Unter dem Strich bedeutet das Lohneinbußen von 8% im Monat. Das ist ein Beweis dafür, dass mit einer Arbeitszeitverkürzung erhalten werden können. IGM-Vertrauensleute von Ford brachten in der IGM-Delegiertenversammlung zur Vorbereitung des Gewerkschaftstages erfolgreich einen Antrag ein, dass die IGM die Arbeitszeitverkürzung wieder auf die Tagesordnung setzen muss.
Ford hatte im Sommer die Absicht erklärt, in Zusammenrbeit mit VW künftig auch vollelektrische Autos zu bauen. Das wirkt auch als Hoffnungsschimmer, Ford hält sich aber alle Optionen offen.
Diese ganze Entwicklung und auch die Kurzarbeit haben dazu geführt, dass sich die Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich wieder belebt hat. Die Arbeiter haben einen wichtigen Trumpf in der Hand, wenn sie um die Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich kämpfen: die Konzerne brauchen für die verschärftem Konkurrenzkampf und die Umstellung auf E-Fahrzeuge die gut ausgebildeten und erfahrenen Arbeiter. Hauptsächliches Gegenargument, mit denen die Kollegen fertig werden müssen, ist die Behauptung, Ford mache in Deutschland Verluste. Ford hat aber weltweit den Umsatz pro Beschäftigten seit der letzten Weltwirtschaftskrise um 4,5% erhöht, seine Profite gesteigert und eine Umsatzrendite von über 4%. Eine weitere wichtige Auseinandersetzung betrifft die Kritik von Kollegen an der IG-Metall, die zu einer Reihe von Austritten geführt hat. Eine Schwächung der IG-Metall hilft aber nur den Unternehmern, der richtige Weg ist, die kämpferische Richtung in der Gewerkschaft zu stärken. Gerade die Kollegen, die als kämpferische, unerschrockene Gewerkschafter bekannt sind, bekommen zunehmend offene Zustimmung und Unterstützung aus der Belegschaft.
Auch die Auseinandersetzung um die Übernahme der Jungfacharbeiter nach der Ausbildung entbrennt erneut. Dazu schreiben Ford-Kollegen in ihrer Zeitung „Scheinwerfer“:
Weiter notwendig: Unbefristete Übernahme aller Jungfacharbeiter!
Seit diesem Jahr ist die Geschäftsleitung dazu über gegangen, die in den letzten Standortvereinbarungen fest geschriebenen 150 Jungfacharbeiter zu übernehmen und nicht mehr alle. Das bedeutet aber immer, dass ein Teil der jungen Kollegen ausgesiebt wird mit einem dubiosen „Ranking-Verfahren“. Dieses Ranking gehört abgeschafft. Jeder junge Kollege braucht seinen Job und ist ein Arbeitsplatz erstmal weg, wird er nicht mehr eingerichtet werden!
Die Friday-for-Future Bewegung, die am 20.9. und am 29.11.19 in Köln Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern durchführte, wird auch in der Belegschaft von Ford intensiv, aber auch kontrovers diskutiert. Kollegen und Kollegen nahmen an den Demonstrationen, z.T. mit Fahnen der IG-Metall teil, hielten Reden und forderten einen gemeinsamen Kampf von Arbeiter- und Umweltbewegung zur Rettung unseren Lebensgrundlagen. Weil im Kapitalismus Ökologie und Ökonomie unvereinbar ist, muss das letztlich ein gesellschaftsverändernder Kampf sein, den die Arbeitzer an vorderster Front führen. In der Belegschaft gibt es wachsende Sympathien für die FFF-Bewegung, aber auch der Einfluss reaktionärer Einflüsse, z.B. der AfD ist spürbar, wenn ein älterer Kollege äußerte, die Klimaproteste würden das ganze Ford-Werk kaputt machen. Die offene politische Krise, die sich jetzt in Thüringen entwickelt hat, wo mit Stimmen der AfD Kemmerich als FDP-Minister wählen lies. Null Toleranz gegenüber jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD als Wegbegleiterin des Faschismus! Unterstützen wir den Aufbau eine internationalen antifaschistischen und antiimperialistischen Einheitsfront!
Hauptsächlich stellen sich viele vor allem die Frage: was sollen wir künftig herstellen, wenn die Produktion der bisher gebauten Fahrzeuge ausgelaufen ist. Die einen sagen: unsere Arbeitsplätze bei Ford haben keine Zukunft, bloß weg von Ford, die anderen wollen ihre Arbeitsplätze behalten und setzen sich mit der Perspektive elektrisch angetriebener Autos auseinander. Wichtige Argumente für den Kampf um Arbeitsplätze sind: Das know-kow der Automobilarbeiter wird für neuartige umweltverträgliche Fahrzeuge und Verkehrssysteme unbedingt benötigt. Der Kampf für Umweltschutz und Arbeitsplätze gehört zusammen und der gewaltige Produktivitätsfortschritt erfordert eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.
Ein Kollege von Ford-Almusafes (Valencia) schreibt:
Die Situation bei Ford Valencia ist nach dem turbulenten Jahr 2019 besorgniserregend und unsicher. Ende des Jahres wurde uns mitgeteilt, dass die Produktion der beiden Motoren, die wir derzeit herstellen, eingestellt wird, da sie im Jahr 2024 in den USA hergestellt werden. Der Produktionsrückgang wird bei uns schon im Jahr 2022 einsetzen.
Außerdem werden wir die Herstellung des Transit Connect und wahrscheinlich der Modelle S-Max, Galaxy und Mondeo einstellen.
Seit November 2018 haben wir immer wieder Kurzarbeit, insgesamt fast 30 Tage bis Ende 2019. Das staatliche Kurzarbeitergeld beträgt 80% unseres Lohnes, wir verlieren also 20% Lohn.
Im März 2019 teilt uns die Direktion mit, dass wir die Herstellung des Transit Connect für den amerikanischen Markt im Jahr 2021 einstellen werden, da dieser in das Werk in Mexiko verlagert wird. Es ist etwa 30% der Produktion dieses Modells. Die restlichen 70% werden im Moment weiterhin hergestellt, aber wenn das neue Modell kommt, werden wir diese 70% auch verlieren. Obwohl wir keine endgültigen Informationen haben, scheint es, dass es nach der Vereinbarung mit Volkswagen in der Türkei oder einem osteuropäischen Land hergestellt wird.
Im April 2019 unterzeichnen das Management und die unternehmerfreundliche Gewerkschaft UGT unseren Kollektivvertrag, mit dem die Gehaltskürzungen der letzten 10 Jahre weiter beibehalten werden. Die Gewerkschaften STM-Intersindical und CGT unterzeichneten diese Vereinbarung nicht.
Im Juni wird die Produktion von System A der Nachtschicht gestoppt. Die betroffenen Kollegen werden in der Vormittags- und Nachmittagsschicht sowie in Aufgaben der Einführung des neuen Kuga zur Verstärkung eingesetzt.
Im September und Oktober werden jeden Samstag Produktionstage am Samstagen und einigen Feiertagen festgelegt, um zusätzliche 7.000 Motoren zu produzieren.
Zusätzlich soll eine von 4 Kantinen geschlossen und 7 Buslinien, mit denen wir bisher zur Arbeit fahren konnten, eingestellt werden.
Wir stehen also vor einem komplizierten Abenteuerszenario, wenn die Herstellung der beiden Motoren, die wir jetzt produzieren, und 4 der 5 Automodelle eingestellt wird.
Wir sind uns darüber im Klaren, dass ein oder zwei sehr komplizierte Jahre auf uns warten, in denen die Direktion versuchen wird, über unsere Arbeitsbedingungen zu verhandeln und unsere Rechte weiter einzuschränken, wobei uns vermutlich ein Auto oder ein Motor zugestanden wird.
Die Belegschaft wurde in den letzten Jahren erneuert, so dass mehr als 50% der jetzigen Kollegen kürzer als 6 Jahre im Unternehmen sind. Systematisch wurden sie über die unternehmerfreundliche Gewerkschaft UGT rekrutiert, d.h. wer in der UGT Mitglied ist, wurde bevorzugt eingestellt. Mobilmachung und Kampf sind komplizierter geworden.
Auf der anderen Seite hält die gewerkschaftliche Unterdrückung für diejenigen von uns an, die kämpfen, es werden kranke Kollegen entlassen, für die angeblich kein ihrer Gesundheit entsprechender Arbeitsplatz vorhanden ist..
Ford Spanien hat sich in den letzten sechs Jahren (von 2013 bis 2018) große Vorteile auf Kosten der Kollegen verschafft, aber für Ford ist es nie genug und Verbesserungen für die Belegschaft sind nicht in Aussicht.
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